Der schönste Tag im Leben soll es sein – die Hochzeit. Doch in Zeiten des Coronavirus ist alles ein bisschen anders. Im Lichte des Virus fließen Tränen nicht selten aus Verzweiflung statt aus Freude: Die Pandemie lässt zunehmend Hochzeitsträume platzen.
Ina plant ihre Juli-Hochzeit seit fast zwei Jahren. Eine echte Traumhochzeit im sommerlichen Portugal. Die Einladungen hat sie liebevoll gestaltet, der Tag ist bis ins Detail durchgeplant. Am Wochenende folgen dann die ersten Corona-Veranstaltungsverbote. Die Planung kommt ins Stocken. Die ersten Zweifel komme auf: Wird die Hochzeit wie geplant stattfinden können? Der Juli ist noch etwas hin. Aber was ist mit den Hochzeitsträumen, die im April und Mai endlich in Erfüllung gehen sollten?
Die April- und Mai-Bräute stecken schon mittendrin – Hochzeitsdienstleister können sich derzeit vor besorgten Anrufen und Mails kaum retten. In diesem Szenario sind sie gerade alle etwas ratlos – Brautpaare, Hochzeitsplaner, Fotografen, Trauredner. Im April beginnt für die meisten die Hochzeitssaison, spätestens im Mai geht es richtig los.
Nur noch zu zweit ins Trauzimmer
Die Corona-Krise hat auch immer weitreichendere Folgen für Dienstleistungen der Stadtverwaltungen. Auch das Bezirksamt in Hamburg-Mitte hat mitunter schmerzhafte Einschränkungen vornehmen müssen. Hier kommt seit Dienstagmittag nur noch das Paar allein ins Trauzimmer. Keine Eltern, keine engen Freunde und keine Trauzeugen sind dabei. Nur ein Dolmetscher darf, wenn nötig, bei der Trauung noch anwesend sein. In Hamburg-Mitte blieb der große Absage-Marathon bislang aus, aber die Prognosen von Pressesprecherin Sorina Weilands fallen vorerst nüchtern aus: „Es werden wohl noch weitere Absagen in den kommenden Wochen auf uns zukommen.“
Von den geplanten sechs Hochzeiten finden am Mittwoch immerhin fünf statt. Das hinge vor allem damit zusammen, dass so spontan eine Absage bei vielen Paaren nicht infrage käme. Gleichzeitig ist zu bedenken: Eine Hochzeit ohne Umarmungen, Körperkontakt oder Ausgelassenheit? „Jeder hat sich wohl seine Hochzeit anders vorgestellt“, sinniert Sorina Weiland. Denn auch im Bezirksamt Hamburg-Mitte geht es momentan stets kontaktlos zu: „Bei uns wird momentan auch nicht mehr mit Handschlag gratuliert.“
Heiraten im Ausland
Noch problematischer sind Hochzeiten im Ausland – kommt man überhaupt hin, kommt man wieder zurück? Das Auswärtige Amt liefert aktuelle Reisehinweise – die aber auch nicht helfen, wenn etwa im selben Flugzeug jemand fliegt, der später mit Corona diagnostiziert wird. Da derzeit grundsätzlich von Reisen abgeraten wird, sind „Destination Weddings“ wohl die ersten, die definitiv gecancelt werden müssen.
Stornieren oder verschieben?
Aber was passiert nun mit den zerplatzten Hochzeitsträumen? Die wichtigste Frage für Brautpaare und Dienstleister ist derzeit die nach Stornobedingungen und -gebühren. Der Bund der deutschen Hochzeitsplaner positioniert sich hier ganz klar: „Sagen Sie die Hochzeit ab, z.B. aus Angst vor einer Ansteckung oder Verbreitung, tragen Sie die Kosten zu 100% bzw. laut AGBs der gebuchten Dienstleister.“ Ob und wie eine Stornierung möglich ist, sei von vielen verschiedenen Faktoren abhängig.
Gibt es einen Plan B?
Wir haben mit der Hamburger Hochzeitsplanerin Melanie Goldberg über die Alternativen und die jetzige Situation gesprochen. Sie selbst arbeitet gerade im Homeoffice und versucht neben der Kinderbetreuung den massiven Umsatzausfall zu stemmen.
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen berücksichtigen
Auch Hochzeitsfotografen und ihre Kunden befürchten nun das absolute Aus für ihre Trauung. Der Berufsverband für freie Fotografen bezieht sich bei einer Stornierung auf einen Werkvertrag: „An diesen Vertrag sind beide Parteien aufgrund des Prinzips der Vertragstreue gebunden, d.h. ein einmal geschlossener Vertrag ist durchzuführen. Beide Parteien müssen ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen.“ Wurde der Vertrag unter wirksamer Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen geschlossen, sollte man sich diese im Hinblick auf eventuelle Kündigungsmodalitäten ansehen – insbesondere bezüglich von Kündigungsfristen und Ausfallhonoraren.
Elopement als Alternative?
Der Fotograf Moritz Faehse aus Niedersachsen erhält täglich Nachrichten von besorgten Paaren. Er richtet über seinen Blog beruhigende Worte an seine Kunden und andere Dienstleister: „Unabhängig davon, was die Regierung gerade gegen die Ausbreitung des Virus unternimmt, liegt es im Moment an jedem einzelnen, sich der eigenen Verantwortung anderen gegenüber bewusst zu werden.“
Als Alternative schlägt er neben dem Verschieben das „Elopment“ vor. Elo – was? Elopement kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Flucht oder Durchbrennen. Es steht für den großen Trend, dass viele Bald-Ehepaare dem großen Hochzeitsrummel entfliehen und lieber nur im kleinen Kreis oder sogar nur zu zweit Ja-Sagen.
Es gibt verschieden Faktoren, die man vorerst in die Planung einbeziehen kann. Zum Beispiel die Personenanzahl verringern oder die Veranstaltung in eine kleinere, gemütlichere Location verlagern. Denn egal, was auch dazwischen kommt, bei dem Ja-Wort kommt es nur auf die Kernsache an: Die Liebe selbst.
#brautvscorona in sozialen Medien
Auf Instagram wurde inzwischen der Hashtag #brautvscorona ins Leben gerufen, auf Facebook gibt es diverse Gruppen, in denen sich Betroffene über ihre persönlichen Dramen wie Italien-Hochzeiten, abgesagte Flitterwochen und einsame Standesamttrauungen austauschen. Zumindest das geht ja zum Glück virtuell.
Aber neben weggewischten Tränen und persönlichen Misslichkeiten dürfen wir nicht vergessen, dass uns das Virus alle gemeinsam betrifft. Und sich jetzt jeder einschränken muss, um später wieder frei sein zu können.
Marit Langschwager