Kohlsuppen-Diät, FdH, Trennkost, Atkins, Glyx, Schlank im Schlaf – es gibt viele Möglichkeiten, sein Gewicht zu reduzieren. Anna Sievers aus Bad Segeberg hält von klassischen Diäten allerdings gar nichts. Wie sie es trotzdem geschafft hat, mehr als 90 Kilo abzunehmen, das hat sie uns bei einem Plausch in ihrer Küche verraten.
2014 brachte Anna Sievers glatte 171 Kilogramm auf die Waage. Zu viel – da sind sich wohl alle einig. Doch keine Diät hat zuvor bei ihr funktioniert. Jo-Jo-Effekt? Aber sicher. Schon nach kurzer Zeit hatte sie ihr Ausgangsgewicht wieder drauf – häufig sogar mehr. Der traditionelle Neujahrsvorsatz brachte dann 2014 die Wende. „Irgendwie hat es da Klick gemacht“, sagt die 31-Jährige. Und das sei nicht nur irgend so ein Spruch. Es müsse erst einmal wirklich im Kopf ankommen, was falsch läuft. Man müsse sich mit sich und seinen alten Gewohnheiten auseinandersetzen. Das ist unbequem, das tut weh. „Macht aber auch Spaß“, findet Anna Sievers und hat es angepackt. Der Speck sollte nun endlich weg!
Finger weg von „Blitz-Diäten“
Klassische Diäten verfolgen das Ziel, möglichst schnell möglichst viel Gewicht zu verlieren. Wenn es doch so einfach wäre. „Blitz-Diät“ schreit es einen förmlich von den Titelblättern gängiger Frauenmagazine an. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung warnt davor: „Solch kurzzeitige Diäten wirken nicht dauerhaft und gefährden eine ausgewogene Nährstoffzufuhr“, so Sprecherin Antje Gahl. Der hohe Gewichtsverlust beruhe zudem zum großen Teil auf Wasserverlusten und dem Abbau von Muskelprotein. Die gewünschte Fettreduktion? Hält sich in Grenzen.
Die DGE empfiehlt stattdessen eine langfristige Gewichtsabnahme durch Ernährungsumstellung, Verhaltensänderung und mehr körperliche Aktivität. Das hat auch Anna Sievers beherzigt. Zwar hat ein bekanntes – und nach eigener Aussage das weltweit erfolgreichste – Abnahme-Programm ihr dabei geholfen, doch dieses beruht auf genau diesen Dingen. Alte Gewohnheiten über Bord werfen. Aktiver werden. Achtsamkeit. Denn warum wir überhaupt essen, hat einen Grund – und häufig ist es nicht Hunger.
Beziehung beendet und Hochzeit abgesagt
Heute könne sich die 31-Jährige gar nicht mehr vorstellen, dass sie mal 90 Kilo mehr mit sich herumgetragen hat. Mit ihrem „alten Ich“, wie sie sagt, identifiziere sie sich gar nicht mehr. „Man hat das damals auch einfach gar nicht wahrhaben wollen.“ Verdrängung. Das „Problem“ wurde einfach mit noch mehr Essen im Keim erstickt. Die Bad Segebergerin ist jetzt ein völlig anderer Mensch. Mit Rückschlägen – und die gibt es auf einer solchen Abnehm-Reise – kann sie besser umgehen. Sie führt Tagebuch, räumt sich sogenannte Ich-Zeit ein. Denn auch im Kopf verändert sich alles. „Das ist echt krass und das darf man auch nicht unterschätzen. Ich musste mich erst einmal wieder selber finden.“ Selbst ihre langjährige Beziehung und Verlobung hat sie aufgelöst. Ein harter Weg und auch das private Umfeld sei manchmal überfordert gewesen, doch am Ende habe es sich alles gelohnt.
Therapie und bessere Hygiene statt Bauchdeckenstraffung?!
Auf Instagram motiviert sie als „@anni.cares“ ihre mehr als 4.500 Follower und teilt Erfahrungen sowie Lieblingsrezepte mit ihnen. Eine Frage, die häufig gestellt wird: Wie ist das bei dir eigentlich mit der Haut? „Nach 90 Kilo Abnahme, da ist auf jeden Fall ganz, ganz viel Haut über.“ Die versucht sie zu verstecken, weil sie sich persönlich damit unwohl fühle. Dadurch könne sie auch nicht wirklich mit dem „Dicksein“ abschließen. Zweimal wurde ihr Antrag auf Kostenübernahme einer Bauchdeckenstraffung von der Krankenkasse abgelehnt. Trotz fachärztlicher Gutachten. Die Begründungen: Sie solle lieber eine Therapie machen, sich häufiger waschen oder dass es im angezogenen Zustand ja gar nicht so schlimm sei. Ohne, dass die Kasse sie jemals zu Gesicht bekommen hat.
„Man hat so hart gekämpft und es ohne Magen-OP geschafft, sein Gewicht zu reduzieren und wird dann so abgebügelt.“ Ein falsches Signal, findet die Bad Segebergerin. Deshalb wolle sie auch nicht lockerlassen. Der nächste Termin bei einem Chirurgen steht jedenfalls schon fest.
Gloria Saggau