Erzieher fehlen – Hamburger Kita sucht Personal in Italien

Weil Erzieherinnen und Erzieher fehlen, müssen Kinder aus einigen Kitas zeitweise zu Hause betreut werden. (Archivbild) Heiko Rebsch/dpa
Weil Erzieherinnen und Erzieher fehlen, müssen Kinder aus einigen Kitas zeitweise zu Hause betreut werden. (Archivbild) Heiko Rebsch/dpa

Hamburg/Kiel (dpa/lno) –

Kinder mit Fieber, Durchfall oder Gliederschmerzen dürfen nicht in die Kita und müssen von ihren Eltern zu Hause betreut werden. Aber auch wenn Erzieherinnen und Erzieher krank sind, können einige Kinder in Hamburg und Schleswig-Holstein zeitweise nicht in die Krippe oder den Kindergarten gehen. Besonders jetzt im Herbst und Winter zeigt sich der teils massive Personalmangel in den Kitas im Norden deutlich.

Kita in Schleswig-Holstein schließt Gruppe

In einer Kita in Schleswig-Holstein fehlen seit mehreren Jahren sechs Erzieher – geeignete Bewerber gebe es nicht, sagte die Kita-Leiterin der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben jetzt die Notbremse gezogen und machen eine Krippengruppe dicht.» Die Schließung einer zweiten Gruppe sei demnach geplant. Verstärkt werde das Problem demnach durch hohe Krankenstände – darunter zuletzt auch immer wieder Langzeitausfälle. 

Stellen seien auch mit ungelernten Kräften besetzt worden. Eine langfristige Lösung sei das aber nicht. «Wenn man über so einen langen Zeitraum Stellen kompensiert, ist das Personal ausgebrannt», sagt die Leiterin. Zudem würden die Mitarbeiter immer älter und junger Nachwuchs fehle. «Man hat immer die Hoffnung, dass es besser wird, aber das wird es nicht.»

Ein Problem sei auch, dass Eltern auch kranke Kinder mit Fieber, Husten und starkem Schnupfen in die Kita bringen und dann steckten sich die Mitarbeiter an, sagt eine andere Erzieherin in Schleswig-Holstein. Sie sieht die Politik in der Verantwortung und hält mehr Kinderkrankentage für die Eltern für sinnvoll – auch um das Personal zu schützen und damit zu entlasten. 

Elbkinder in Hamburg suchen Erzieher in Italien

Etwas entspannter sieht es in den rund 170 Einrichtungen der Elbkinder-Kitas in Hamburg aus: Die Krankenquote sei «branchentypisch», teilte Anna Fuy, Teamleiterin der Unternehmenskommunikation bei den Elbkindern mit. Durch die Größe der Kitas mit ihren insgesamt rund 5000 pädagogischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen können die Teams flexibler reagieren als kleine Einrichtungen. Die Betreuung könne meist so organisiert werden, dass nicht ganze Kitas oder Gruppen schließen müssen.

Mitarbeiter fehlen aber auch hier: Aktuell seien rund 130 Jobs für pädagogische Fachkräfte ausgeschrieben, teilte die Sprecherin mit. «Bei den Elbkindern wird der Fachkräftemangel vor allem dadurch spürbar, dass es länger dauert als noch vor einigen Jahren, offene Stellen mit qualifizierten Bewerbern oder Bewerberinnen zu besetzen.»

Ausgebildete pädagogische Fachkräfte sind nachgefragt und damit knapp. Seit einigen Jahren werben die Elbkinder daher zusätzlich in Italien um Pädagoginnen und Pädagogen, die vor Ort weniger rosige Jobaussichten haben.

Sozialbehörde in Hamburg plant Strategie

«In einzelnen Fällen kann es zu befristeten Einschränkungen der Betreuungszeiten in Kindertageseinrichtungen kommen», teilte Wolfgang Arnhold, Pressesprecher der Hamburger Sozialbehörde, der dpa mit. 

Grundsätzlich gehe die Sozialbehörde davon aus, dass die Rechtsansprüche auf Kindertagesbetreuung in Hamburg auch während der Erkältungs- und Grippewellen erfüllt werden können. Von Kita zu Kita sei die Lage sehr unterschiedlich und auch jahreszeitenabhängig.

Die Fachkräftesituation in der Kindertagesbetreuung in Hamburg sei laut Arnhold «angespannt, aber nicht so dramatisch wie in anderen westdeutschen Bundesländern». Der Fachkräfteschlüssel im Krippenbereich liegt hier bei 1:4 und im Elementarbereich bei 1:10. 

Krankheit, kurzfristige Personalwechsel und vakante Stellen können demnach für herausfordernde Personalsituationen und hohe Belastungen sorgen, teilte der Sprecher mit. Hamburg plant, mit verschiedenen Strategien Personal für die Kindertagesbetreuung zu gewinnen und zu qualifizieren.

Sozialministerium in SH will zusätzliche Stellen 

Die Infektionsbelastung in Kitas sei besonders im Herbst und Winter generell hoch, was den Fachkräftemangel weiter verschärft, teilte Hannah Beyer, zweite stellvertretende Pressesprecherin des schleswig-holsteinischen Sozialministeriums mit. «Grundsätzlich hat sich der Bedarf an pädagogischen Fachkräften in der Kinderbetreuung in den letzten Jahren, unter anderem aufgrund der Einführung wichtiger Qualitätsstandards, zusätzlich zum allgemeinen Fachkräftemangel erhöht.»

Um Kita-Schließungen vorzubeugen, sollen insbesondere kleinen Kitas in Schleswig-Holstein zusätzliche Stellen finanziert und Fachkräfte durch einen flexibleren Anstellungsschlüssel entlastet werden, teilte die Sprecherin mit. 

Auch das Land Schleswig-Holstein arbeite im Rahmen der Kita-Reform und einer Fachkräfte-Stärken-Strategie an Maßnahmen, um Fachkräfte zu entlasten und neue Fachkräfte zu gewinnen – unter anderem mit Quereinsteigern und erhöhten Ausbildungskapazitäten. 

GEW kritisiert Sparpolitik bei Kitas in Schleswig-Holstein

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hatte zuletzt die Sparpolitik bei Kindergärten im Norden kritisiert. «Die aktuelle Sparpolitik ist der völlig falsche Weg», sagte die Landesvorsitzende der GEW Schleswig-Holstein, Franziska Hense. Eine weitere Absenkung der Qualität sei laut Hense eine Absage an die frühkindliche Bildung. 

Aktuell gibt es bei den Kitas in Schleswig-Holstein eine Finanzierungslücke von 110 Millionen Euro. Allein bei den Sachkosten fehlen laut Sozialministerium 40 Millionen Euro. Die bestehende Lücke soll durch jeweils 20 Millionen Euro mehr von Land und Kommunen sowie durch Anpassungen der Kita-Standards geschlossen werden.

© dpa-infocom, dpa:241030-930-274203/1

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