Landtag streitet über richtigen Weg aus der VW-Krise

Niedersachsens Ministerpräsident Weil sitzt seit 2013 im VW-Aufsichtsrat, Kultusministerin Hamburg seit 2022. Michael Matthey/dpa
Niedersachsens Ministerpräsident Weil sitzt seit 2013 im VW-Aufsichtsrat, Kultusministerin Hamburg seit 2022. Michael Matthey/dpa

Hannover (dpa) –

Während Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil angesichts der Krise bei Volkswagen neue Unterstützung für die Elektromobilität fordert, wirft ihm die CDU im Landtag eine Mitverantwortung für die Probleme vor. Wenn bei dem Autoriesen Werksschließungen und Kündigungen drohten, könne Weil in elf Jahren im VW-Aufsichtsrat nicht alles richtig gemacht haben, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner.

Zwar sei der Weg in die Elektromobilität richtig, sagte Lechner. «Aber die Art und Weise und vor allem die Rigorosität hat eben nur VW 2016 beschlossen und vorgenommen.» Damals saß Weil wie heute als Regierungschef einer rot-grünen Koalition im Aufsichtsrat. Lechner warb stattdessen für einen technologieoffenen Ansatz. So habe etwa BMW den Anteil der Elektrofahrzeuge in seiner Flotte stärker ausgebaut, sagte er, obwohl das Unternehmen noch so lange Verbrenner bauen wolle, wie es dafür eine Nachfrage gibt.

Der CDU-Politiker forderte zudem eine Neubesetzung des VW-Aufsichtsrats, in dem für das Land neben Weil auch Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzt. «Ziehen Sie Frau Hamburg aus dem Aufsichtsrat ab. Entsenden Sie einen Experten», sagte Lechner. Frühere Landesregierungen hatten neben dem Ministerpräsidenten den jeweiligen Wirtschaftsminister in das Gremium entsandt, zuletzt Bernd Althusmann (CDU).

AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann kritisierte, sowohl Weil als auch Hamburg hätten keine wirtschaftliche Erfahrung und könnten ihre Rolle im Aufsichtsrat nur als Nebenjob ausüben. Er warf SPD und Grünen zudem vor, sämtliche Stellenstreichungen bei VW reflexhaft abzulehnen. Dabei sei das genaue Ausmaß der Krise unklar. «Wenn VW verschwindet, ist niemandem gedient, am allerwenigsten den Beschäftigten», sagte Wichmann.

Regierungschef Weil hatte zuvor auf einen gemeinsamen Forderungskatalog der Länder aus dem Oktober verwiesen: «Wir setzen uns gemeinsam ein für Kaufanreize bei Elektroautos und zwar ausdrücklich auch für private Haushalte. Wir fordern Programme des Bundes für den Ausbau der Ladesäulen, und wir wollen, dass die Einführung deines ermäßigten Ladestrompreises geprüft wird», sagte der SPD-Politiker. 

Lechner wirbt für Technologieoffenheit

Zudem sollten auf europäischer Ebene die Überprüfung der CO2-Grenzwerte auf 2025 vorgezogen und Strafzahlungen der Unternehmen so lange ausgesetzt werden, so Weil weiter. «Dabei geht es um Milliardenbeträge, die aktuell viel besser für Investitionen in eine CO2-freie Zukunft genutzt werden sollten, als nach Brüssel bezahlt zu werden.» Politische Zweifel am Kurs hin zur E-Mobilität würden die Autofahrer hingegen nur verunsichern. 

Lechner erwiderte darauf, nicht das Werben für Technologieoffenheit halte die Verbraucher vom Kauf eines E-Autos ab, sondern die Kosten der Autos, die Strompreise, der Ausbaustand der Ladeinfrastruktur und ein drohender Wertverlust der Wagen.

Grünen-Fraktionschefin Anne Kura sagte, der Fehler sei nicht, dass VW sich konsequent auf die E-Mobilität ausgerichtet habe, sondern dass das zu spät passiert sei. 

Verhandlungspartner beim VW-Haustarif «weit auseinander»

In den Verhandlungen über den Haustarif von Volkswagen zeichnet sich unterdessen laut Weil noch keine Verständigung ab. Zwar sei es ein Fortschritt, dass der VW-Vorstand erklärt habe, ein Einvernehmen über Standortschließungen oder betriebsbedingte Kündigungen sei keine Vorbedingung für weitere Gespräche. «Gleichzeitig darf der aktuelle Stand der Verhandlungen aber auch nicht überschätzt werden. Bei möglichen Alternativen sind die Verhandlungspartner noch erkennbar weit auseinander.»

Weil betonte, Volkswagen müsse wettbewerbsfähig sein. Die Landesregierung sei aber überzeugt, dass es bessere Lösungen als Standortschließungen gebe. «Wo die Industrie einmal weggeht, dorthin kehrt sie nicht zurück.» Dabei müsse der soziale Frieden im Unternehmen gewahrt werden. «Deswegen muss es auch weiterhin um sozialverträgliche Lösungen gehen anstelle von Werkschließungen und betriebsbedingten Kündigungen.»

Regierungschef dringt auf Klarheit bis Weihnachten

Der Ministerpräsident rief zudem erneut dazu auf, noch vor Weihnachten Klarheit für die Beschäftigten zu schaffen, die die Diskussionen über die Zukunft von VW seit zwei Monaten mit Sorge und Unsicherheit verfolgten.

VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel hatte Ende Oktober gesagt, das Unternehmen sei «offen für jegliche zielführende Diskussion zur Erreichung des finanziellen Ziels». Voraussetzung sei, dass die von VW gesteckten Einsparziele insgesamt erreicht würden.

© dpa-infocom, dpa:241106-930-280669/2

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