Frankfurt/Main (dpa/lhe) –
Im Prozess um die mutmaßlichen «Reichsbürger» um Heinrich XIII. Prinz Reuß hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt mit einem Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg gegen den Angeklagten Michael F. befasst. Dieses bestätigte eine vorläufige Suspendierung des Ex-Polizisten.
F. habe sich laut Urteil aus dem Jahr 2023 radikalisiert, weshalb er aus dem Beamtenverhältnis entfernt wurde. So habe er etwa 2020 einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und in diesem Preußen als Geburtsstaat eingetragen. Im Rahmen öffentlicher Reden kritisierte er in den Folgejahren die Corona-Politik und Maßnahmen der Bundesregierung und erklärte, es ginge nicht um eine Krankheit, diese werde nur als Auslöser für einen «Great Reset» benutzt – also einen großen Neustart.
«Sie ist nur der Auslöser, der genutzt wird, um die Gesellschaft umzukrempeln und ein völlig andere Gemeinwesen zu schaffen, Menschen aus ihrer Freiheit herauszuholen», sagte F. laut Urteil. Nach seiner Auffassung gebe es in Deutschland keine Demokratie, Gewaltenteilung und auch keinen Rechtsstaat mehr und verglich die Politik mit der NS-Diktatur.
Angeklagter für Ressort «Inneres» zuständig
Im Messengerdienst Telegram habe er zudem Texte veröffentlicht, denen zufolge die deutsche Polizei eine Firma sei, an der US-Firmen, Bill Gates und die «Jüdische Weltordnung» beteiligt seien. F. habe niemals abgestritten, diese Äußerungen getätigt oder veröffentlicht zu haben. Seine Anwälte gaben an, sich am kommenden Prozesstag ausführlich zu dem Dokument äußern zu wollen.
Der Generalbundesanwalt wirft F. vor, sich im Oktober 2021 der Vereinigung angeschlossen zu haben. Ihm sei innerhalb des «militärischen Arms» der Bereich «Sicherheit und Polizei» übertragen worden. Im sogenannten Rat der Gruppe soll er für das Ressort «Inneres» zuständig gewesen sein. In diesem habe er unter anderem seine Vorstellung für den Umbau der deutschen Polizei nach einem Umsturz vorgestellt. Zudem soll er aktive und ehemalige Polizisten versucht haben zu rekrutieren und mehrere Bundeswehrkasernen ausgekundschaftet haben.
Halbes Jahr Prozess
Am OLG Frankfurt wird seit einem halben Jahr gegen die Gruppe verhandelt. Den neun Angeklagten wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben. Die Vereinigung soll geplant haben, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Auch illegale Waffen und Geldsummen soll die Gruppe besessen haben. Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
«Reichsbürger» erkennen die Bundesrepublik und ihre Gesetze nicht an. Die Szene ist sehr heterogen, ein Teil wird dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet.
© dpa-infocom, dpa:241121-930-295346/1