Hamburg (dpa/lno) –
Die Kinder- und Jugendärzte in Hamburg klagen über eine zusätzliche Belastung wegen aus ihrer Sicht unnötiger Atteste für erkrankte Schüler. «Mit Beginn der Erkältungssaison steigt die Nachfrage nach Attesten für fehlende Schultage der Kinder», sagte die Sprecherin des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte Hamburg, Charlotte Schulz. «Für uns bedeutet das Mehrarbeit und es sind einfach Zeitfenster, die uns dann fehlen für andere kranke Kinder.» Zuvor hatte das «Hamburger Abendblatt» berichtet.
Es gebe ein von der Sozialbehörde erstelltes Merkblatt zum Umgang mit Erkältungskrankheiten – doch es werde anscheinend unterschiedlich interpretiert. «Einzelne Schulen und Lehrer verlangen Atteste, manchmal schon für einen Krankheitstag», berichtete Schulz. Unabhängig davon halte sich hartnäckig in den Köpfen der Eltern, sie müssten nach drei Tagen ein ärztliches Attest haben. Schulz forderte, die Regelungen müssten noch klarer und einheitlicher sein.
Verband: Wer soll diese Atteste bezahlen?
Nach Ansicht des Berufsverbandes sollten Eltern grundsätzlich beurteilen können, ob ihre Kinder in die Schule gehen können oder nicht. «Das sollte der Schule doch als Entschuldigung reichen.»
Gleichzeitig stelle sich die Frage, wer diese Atteste bezahlen soll. «Das ist ja keine Leistung, die medizinisch notwendig wäre und die wir den Krankenkassen in Rechnung stellen», betonte Kinderärztin Schulz.
Aber natürlich gebe es Ausnahmen: «Klar ist, Atteste werden im Einzelfall benötigt, wenn Schüler eine abschlussrelevante Arbeit schreiben oder hohe Fehlzeiten haben.» Darum gehe es nicht. «Es geht wirklich um die banalen Erkältungsinfekte und die vielen Eltern, die dann bei uns stehen.»
Behörden: Entscheidung erfolgt im Einzelfall
In dem Merkblatt der Sozialbehörde zur Infektzeit 2024/2025 heißt es, Eltern seien verpflichtet, ihr Kind in der Schule bereits am ersten Tag krankzumelden. «Für die Schulen gilt grundsätzlich keine „Attestpflicht“. In den jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen wird der Schule im Einzelfall die Möglichkeit eröffnet (nicht: die Pflicht auferlegt), sich bei Krankheit ein ärztliches oder schulärztliches Attest vorlegen zu lassen.»
Die Schulbehörde teilte auf Anfrage mit: «Die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung wird unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes grundsätzlich dann abgefordert, wenn dies in der Schule aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt erscheint.»
Indizien könnten beispielsweise sich stetig wiederholende oder unentschuldigte Fehlzeiten, eine vermutete Schulpflichtverletzung oder auch besondere Prüfungssituationen sein. «Die Entscheidung erfolgt einzelfallbezogen nach pflichtgemäßem Ermessen der jeweiligen Schule.»
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