Mehr als zwölf Jahre nach seinem Start soll Deutschlands einziger Tiefwasserhafen, der JadeWeserPort in Wilhelmshaven (Niedersachsen), erweitert werden. Im ersten Quartal dieses Jahres werden Ergebnisse einer Bedarfsanalyse für die Erweiterung nördlich des bestehenden Containerterminals erwartet, wie eine Sprecherin der Marketinggesellschaft des JaderWeserPorts auf Anfrage mitteilte. In der Planung sei ein Mehrzweck-Umschlagbereich. Dieser solle sich unmittelbar an den bestehenden Terminal anschließen und den Hafenstandort Wilhelmshaven weiter stärken.
Initiatorin der Bedarfsanalyse ist nach Angaben des Wirtschaftsministeriums in Hannover die Mosolf Gruppe, die als Technik- und Logistikdienstleisterin in Wilhelmshaven Fahrzeuge umschlägt. Demnach werde auch eine Vorplanung und eine Kostenschätzung erarbeitet.
Die Pläne sehen vor, dass die Kaje des JadeWeserPorts um rund 400 Meter nach Norden erweitert werden könnte. Dazu müsste der bestehende Schlepperhafen zurückgebaut und das Gelände aufgespült werden. Eine feste sogenannte RoRo-Rampe (von Englisch „Roll-on/Roll-off“) für den Automobilumschlag könnte dann in die Kaje integriert werden.
Umschlag von Bauteilen für Offshore-Windkraft
Nach Angaben der Hafenmarketinggesellschaft Seaports of Niedersachsen GmbH entwickelte sich am JadeWeserPort zuletzt der Umschlag von Fahrzeugen positiv. Nach rund 9.000 Fahrzeugen im Jahr 2022 wurden demnach 2023 rund 36.200 Fahrzeuge umgeschlagen. Für 2024 war ein weiterer Anstieg erwartet worden. Zahlen liegen noch nicht vor.
Neben dem Automobilumschlag sollte ein neues Mehrzweckterminal in Wilhelmshaven aus Sicht des Wirtschaftsministeriums auch dem Umschlag von Ausrüstung und Bauteilen für Offshore-Windkraftanlagen auf See dienen – denn solche Schwerlastflächen fehlen bislang in den deutschen Seehäfen nach Berechnungen der Stiftung Offshore-Windenergie. Ab diesem Frühjahr baut Niedersachsens Hafengesellschaft NPorts deshalb schon neue Liegeplätze in Cuxhaven – dort auf einer Gesamtlänge von 1.250 Metern.
„Mit dem stark forcierten Ausbau der Windenergie auf See und der neuen Aufmerksamkeit, die damit unsere Häfen erhalten, eröffnet sich ein neues Fenster von Möglichkeiten für die gesamte Küste“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies der Deutschen Presse-Agentur. Die Häfen seien elementarer Bestandteil für eine unabhängige, diversifizierte Energieversorgung, sagte der SPD-Politiker weiter.
Hafenwirtschaft fordert Erweiterung
Die Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung drängte deshalb bereits auf einen Ausbau des Hafens, der dafür ein Alleinstellungsmerkmal besitze. So könnten mittelfristig Infrastrukturen geschaffen werden, um die großen und schweren Komponenten der Offshore-Windkraftanlagen, die in großer Anzahl in den nächsten 20 Jahre auf Projektflächen in der Nordsee installiert werden sollen, zu lagern, vorzumontieren und auf Spezialschiffe verladen zu können. Flächenpotenzial, günstige Verkehrsanbindung und nautische Verhältnisse sprächen dafür.
Ein Ausbau des JadeWeserPorts, der am 21. September 2012 in Betrieb ging, war lange auf politischer Ebene kein Thema, vor allem da der Containerumschlag seit Jahren hinter den Erwartungen liegt. Innerhalb von fünf Jahren, so das ehrgeizige Ziel damals, sollte die Kapazität komplett ausgelastet sein und jährlich 2,7 Millionen Standardcontainer umgeschlagen werden. Zuletzt war der Hafen davon weit entfernt. 2023 wurden 531.637 Standardcontainer umgeschlagen – im bislang besten Jahr 2021 waren es rund 713.000 Container.
Marketinggesellschaft erwartet Umschlagwachstum
Die Marketinggesellschaft des JadeWeserPorts verweist darauf, dass sich das Angebot der Liniendienste, in denen der Hafen Anlaufpunkt sei, seit dem Start stetig erweitert habe. „Nach unserer Wahrnehmung hat sich Deutschlands einziger Container-Tiefwasserhafen mit seinen Vorteilen in der Reihe der leistungsfähigen Seehafenstandorte fest etabliert“, teilte die Gesellschaft mit.
Weiteren Schwung und signifikante Mengenzuwächse erwartet der Hafen ab diesem Jahr zudem mit dem Start der sogenannten „Gemini Cooperation“. Dieser Zusammenschluss der Reedereien Maersk und Hapag-Lloyd sieht größere Häfen in einem neuen Netzwerk als Hauptumschlagsplätze vor. Wilhelmshaven ist den Plänen zufolge einer davon.
Im angrenzenden 150 Hektar großen Güterverkehrszentrum (GVZ) des Hafens sind laut der Marketinggesellschaft inzwischen rund 70 Prozent der Flächen ausgelastet. In diesem Jahr sollen 40 Hektar EU-weit ausgeschrieben und langfristig an hafenaffine Unternehmen verpachtet werden.
SAT.1 REGIONAL/dpa/Eisele