Düsseldorf/Georgsmarienhütte (dpa) –
Die Managerin und Miteigentümerin des Stahlkonzerns Georgsmarienhütte, Anne-Marie Großmann, hat angesichts stark gestiegener Energiekosten ihre Forderung nach staatlichen Zuschüssen zur Senkung der Strom- und Gaskosten unterstrichen. So solle die Politik die Entgelte für das Stromübertragungsnetz für energieintensive Unternehmen senken, sagte Großmann (36) am Montagabend bei einer Veranstaltung der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Die Kosten dafür sollten aus den Einnahmen des nationalen Brennstoffemissionshandels gedeckt werden.
Auch die CO2-Bepreisung von Erdgas müsse angepasst werden, bis grüner Wasserstoff verfügbar sei, so Großmann. Erdgas dürfe im Großhandel maximal 20 Euro je Megawattstunde kosten. Derzeit liegt der Preis an der Börse bei 48 Euro.
Großmann ist Miteigentümerin der familiengeführten Georgsmarienhütte Holding. Seit 2021 ist sie Mitglied der Geschäftsführung. Die promovierte Volkswirtin verantwortet dort die Unternehmensentwicklung.
Großmann: Energiekosten um 127 Prozent gestiegen
Großmann sieht in den gestiegenen Energiekosten eine große Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens. So würden für das Stahlwerk Georgsmarienhütte GmbH die jährlichen Strom- und Erdgaskosten von 37 Millionen Euro im Jahr 2019 im laufenden Jahr um 127 Prozent auf 84 Millionen Euro steigen. Dies zwinge zu stark reduzierten Investitionen, die man irgendwann jedoch nicht weiter einsparen könne. «Erst mal geht es auf die Zukunft und zweitens geht es am Ende nur noch gegen das Ergebnis. Und das ist natürlich keine Perspektive für ein Unternehmen, was in Generationen denkt», sagte Großmann.
Die Netzentgelte machten derzeit um die 45 Prozent des Strompreises aus. «Das bringt uns ziemlich weit in die Bredouille, weil diese Energiekostenentwicklung hat keiner unserer Wettbewerber im Ausland.» Die Strompreise der Industrie seien doppelt so hoch wie in anderen entwickelten Industrieländern. «Und das macht natürlich unseren Stahl relativ teurer als den, den unsere Wettbewerber aus dem Ausland anbieten.»
Konzernumsatz lag 2024 bei 2,3 Milliarden Euro
Das Unternehmen erzeugt Stahl in großen, strombetriebenen Öfen aus Metallschrott. An mehr als 15 Standorten werden Produkte etwa für Maschinenbau, Kraftwerkstechnik oder die Rüstungsindustrie gefertigt. Der Konzern beschäftigt rund 6.000 Menschen. Den Jahresumsatz 2024 bezifferte Großmann auf 2,3 Milliarden Euro. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in der gleichnamigen Stadt Georgsmarienhütte südlich von Osnabrück. Er war in den 1990er Jahren von Jürgen Großmann aufgebaut worden, dem Vater von Anne-Marie Großmann.
Managerin schließt Verlagerung ins Ausland weiterhin nicht aus
«Wenn wir keine Reduzierung der Strompreise bekommen, ist strombasierte Stahlerzeugung einfach nicht rentabel», so die Managerin weiter. Großmann schloss in diesem Zusammenhang eine Verlagerung der Geschäfte ins Ausland erneut nicht aus. Wenn es so weitergehe und es keine Signale gebe, könne man «nur noch ein paar Monate» durchhalten. «Wir werden jeden Tag daran arbeiten, dass wir länger durchhalten und versuchen natürlich so gut es geht, trotzdem zu überlegen, wie wir auch im Ausland perspektivisch investieren können.» Wenn sich die Perspektive nicht ändere, sei die einzige Schlussfolgerung, «dass wir hier irgendwie mit einem Schrecken rauskommen und dann versuchen, eine Perspektive im Ausland zu finden».
Wenn die Produktion sich nicht mehr rechne, werde man nicht mehr investieren. «Dann läuft es aus, und dann irgendwann produzieren wir den Stahl eben nicht mehr. Und dann können wir uns überlegen, ob wir die anderen vorhandenen Kapazitäten füllen mit Stahl, den wir im Ausland einkaufen oder eben gleich die gesamte Wertschöpfungskette ins Ausland verlegen.»
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