Ex-Ministerpräsident Engholm bedauert Ampel-Aus

Ex-Ministerpräsident sah in der Ampel eine «vernünftige» Mischung. (Archivbild) Markus Scholz/dpa
Ex-Ministerpräsident sah in der Ampel eine «vernünftige» Mischung. (Archivbild) Markus Scholz/dpa

Kiel (dpa/lno) –

Schleswig-Holsteins früherer Ministerpräsident Björn Engholm bedauert den Bruch der Ampel-Koalition in Berlin. Nach seiner Ansicht sei die Mischung «vernünftig» gewesen: «Eine Partei vertritt die Gerechtigkeit, eine Partei kümmert sich um den klimagerechten Umbau und eine Partei sorgt für Innovationen und Investitionen in der Wirtschaft», sagte der SPD-Politiker in der «SHZ» kurz vor seinem 85. Geburtstag am 9. November.

Das dies nicht funktioniert habe, liege an verschiedenen Dingen: So sei Ex-Finanzminister Christian Lindner von der Furcht getrieben, dass die FDP bedeutungslos werden könnte, so Engholm. Zudem zeigte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sich nicht immer konsequent bei der Umsetzung. «Dazu pflegen beide, je auf ihre Art, eine gewisse Eitelkeit, was, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, der Sache nicht dienlich ist», erklärte er gegenüber der Zeitung. 

Schließlich hatte es Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) «satt, sich auf der Nase herumtanzen zu lassen.» Nun werde es Neuwahlen geben und Engholm glaube daran, dass die SPD gebraucht werde. «Wenn allerdings die Bevölkerung das anders sieht und wir nur 15 Prozent Zustimmung bekommen, müssen wir hart an uns selbst arbeiten», betonte er.

Steile politische Karriere Engholms

Seit Ende seiner Zeit als Politiker hält sich Engholm ansonsten mit Ratschlägen zurück. Seine eigene Karriere war steil: Der am 9. November 1939 geborene Lübecker trat 1962 in die SPD ein und zog 1969 als einer der jüngsten Abgeordneten für die Hansestadt in den Bundestag. 1982 wechselte er als Spitzenkandidat nach Schleswig-Holstein und wurde nach der Landtagswahl 1983 Oppositionsführer im Kieler Landtag.

1987 wurde Engholm Opfer einer beispiellosen Schmutzkampagne: Aus der Staatskanzlei von CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel heraus ließ ihn der Referent Reiner Pfeiffer bespitzeln, verbreitete Gerüchte über eine angebliche Steuerhinterziehung und traktierte ihn per Telefon sogar mit einem Aids-Verdacht.

Kurz vor der Wahl im September 1987 flog das «Waterkantgate» auf. Die Wahl selbst brachte ein Patt, einen Monat später wurde Barschel tot in einer Genfer Hotelbadewanne gefunden – ob er sich selbst tötete oder ermordet wurde, ist bis heute ungeklärt. Engholm selbst wurde am 31. Mai 1988 zum Ministerpräsidenten gewählt. 

Engholm hat Schleswig-Holstein geprägt

Für Schleswig-Holsteins SPD-Fraktionschefin Serpil Midyatli steht vor dem Geburtstag des ehemaligen Ministerpräsidenten fest: «Die SPD Schleswig-Holstein ist Björn Engholm für sein politisches Lebenswerk zu großem Dank verpflichtet.» Er habe das Bundesland 1988 in eine neue Zeit geführt und einen Aufbruch in so gut wie allen Politikfeldern eingeleitet. 

Doch 1993 eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl endete seine Karriere. Engholm – seit 1991 Chef der Bundes-SPD und seit 1992 auch deren designierter Kanzlerkandidat – musste eingestehen, dass er ein paar Tage früher als behauptet von den Machenschaften Pfeiffers gegen ihn erfahren hatte. Am 3. Mai 1993 trat er von allen Ämtern zurück.

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© dpa-infocom, dpa:241108-930-282929/2

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