Kiel (dpa/lno) –
Vor dem Landgericht in Kiel hat der Prozess gegen eine 30-Jährige begonnen, die auf ihren schlafenden Ex-Freund mit einem Butterflymesser eingestochen haben soll. Er erlitt bei dem Angriff im Juli 2024 insgesamt 18 Stich- und Schnittverletzungen. Der Frau sei die Tat von Stimmen in ihrem Kopf befohlen worden, sagte die Angeklagte im Gericht.
Sie soll an einer paranoiden Schizophrenie leiden. Daher erklärte die Staatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift zum Prozessauftakt, dass die Frau verdächtigt wird, im Zustand aufgehobener Schuldfähigkeit heimtückisch einen Menschen töten wollte. Es werde darüber verhandelt, ob die Angeklagte in eine psychiatrische Einrichtung verwiesen werde.
Zum Tathergang
Die Angeklagte soll ihrem schlafenden Ex-Freund um kurz nach vier Uhr morgens mit dem Butterflymesser in die Brust gestochen haben. Daraufhin wachte er auf und ihm gelang es der Tatverdächtigen das Messer abzunehmen, wie es von der Staatsanwaltschaft hieß. Daraufhin rannte sie den Informationen nach in die Küche, holte sich ein weiteres Messer und wollte wieder auf den Mann losgehen.
In der Zwischenzeit sei es dem Verletzten gelungen, die Tür zum Schlafzimmer abzuschließen, wodurch die Angreifende ausgesperrt wurde. Sie versuchte dennoch wieder ins Zimmer zu gelangen und trat ein Loch in die verschlossene Tür. Als sie Blaulicht und Sirenen wahrnahm, floh sie ohne Messer vom Tatort und versteckte sich den Angaben nach in einem Wald.
Stimmen geben ihr eine Wahl
Die Angeklagte selbst zeigte sich zu Prozessbeginn gesprächsbereit. So berichtete sie von Paranoia und von Stimmen. Diese hätten schlecht über ihre Beziehung geredet und alles infrage gestellt. Letztlich wollten diese sie und ihren Ex-Partner umbringen, schilderte die Frau. Doch sie habe eine Wahl gehabt: Sie könne ihren Ex-Partner töten und so selbst am Leben bleiben.
Das hätte sie zuerst verneint und sich «zum Sterben» neben ihn gelegt, letztlich sei es doch zur Tat gekommen. Zunächst sei sie aus Panik geflohen, habe sich dann allerdings selbst gestellt, da sie mit der Schuld nicht leben konnte. Die Angeklagte sei nach eigenen Aussagen aber sehr glücklich, als sie erfahren habe, dass ihr Ex-Partner noch lebe.
Nicht die erste Auffälligkeit
Mitte Juni hat es laut der Angeklagten mit den psychotischen Auffälligkeiten begonnen. Sie habe sich verfolgt gefühlt und sich zunehmend Sorgen über ihren Ex-Partner gemacht. «Ich habe ihm oft geschrieben, ob alles gut ist», erklärte sie. Dann begann sie in ihrem Kopf die Stimmen zu hören.
Aufgrund von einer Schmerzerkrankung habe sie zur Linderung der Symptome nach eigenen Aussagen Cannabis geraucht und gelegentlich Amphetamine genommen. Aufgrund der Stimmen im Kopf empfand sie demnach das Verlangen ihr Heim zu beschützen. Als sie Messer unter dem Bett versteckt hatte, wusste sich ihr Ex-Partner nicht mehr zu helfen und rief die Polizei.
Daraufhin kam sie zunächst in das Zentrum für integrative Psychiatrie (ZIP) des Uniklinikums Schleswig-Holstein. Dort habe die Angeklagte die Medikation verweigert und gelogen, da sie zu ihrem Ex-Freund zurückwollte. Daher wurde sie nach zehn Tagen entlassen – doch die Stimmen blieben.
Waren Drogen der Auslöser?
Nach dem Aufenthalt im ZIP habe sie mit dem Drogenkonsum aufgehört. Die Angeklagte habe einmal versucht Cannabidiol (CBD) zu konsumieren, da sie noch Gelenkschmerzen hatte, aber die Stimmen bereiteten ihr wieder Probleme. «Daher habe ich es gelassen», sagte sie im Gericht.
Damals habe sie noch keinen Zusammenhang zwischen den Drogen und den Stimmen im Kopf gesehen. «Rückblickend hat alles auf eine Psychose gedeutet und dass ich paranoid war», führte sie aus.
Das Urteil im Prozess soll voraussichtlich am 27. Januar fallen.
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