Kiel (dpa) –
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat eine rasche Neuwahl des Bundestags gefordert. «Wir brauchen jetzt klare Verhältnisse», sagte Günther in Kiel. Es sei unverantwortlich, dass sich Europas größte Volkswirtschaft Deutschland am Tag der Wahl des künftigen US-Präsidenten Donald Trump in der Art und Weise des vergangenen Abends öffentlich präsentiert habe. Er möge sich nicht vorstellen, dass dieser Zustand bis Mitte Januar anhalte.
Von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwarte er, «dass jetzt keine weiteren taktischen Spielchen mehr gemacht werden», sagte Günther. «Es liegt mit Sicherheit auch kein Segen darauf, wenn jetzt ohne die FDP Rot-Grün weitere Monate vor sich hin dümpelt.» Der Kanzler habe es in der Hand, so schnell wie möglich die Vertrauensfrage zu stellen. Es gebe keinen sachlichen Grund, warum man den Wählerinnen und Wählern die Entscheidung an der Wahlurne vorenthalten sollte.
Das Ende der Koalition sei bereits Tage zuvor abzusehen gewesen. Günther betonte: «Ich will jetzt keine Haltungsnoten verteilen, wer sich da sozusagen besser aus der Affäre gezogen hat.» Es sei die Verantwortung aller drei Parteien gewesen, dass sich es nicht geschafft haben, in einer Krisenzeit Verantwortung für Deutschland zu übernehmen.
Umweltminister fordert Planungssicherheit
Nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) war die FDP «schon länger nicht mehr regierungsfähig». In dem Moment, in dem Deutschland eine starke Regierung brauchte, sei die Koalition am Ego des FDP-Vorsitzenden Christian Lindner zerbrochen.
Nun gehe es darum, die Gesellschaft zusammenzuhalten und den Bürgern und der Wirtschaft Planungssicherheit zu geben. «Jetzt wird sich zeigen, wer bereit ist im besten Interesse unseres Landes zu handeln», sagte Goldschmidt. Dazu gehöre auch, dass der eingeschlagene Weg der Dekarbonisierung weiter gegangen werden müsse.
Vogt: Brauchen schnell Klarheit
«Olaf Scholz hat die für unser Land elementar wichtige Frage, wie wir unseren Wohlstand sichern können, viel zu lange nicht ernst genug genommen», betont hingegen der FDP-Fraktionschef des nördlichsten Bundeslandes, Christopher Vogt. Die FDP habe viele konstruktive Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gemacht.
Da eine rot-grüne Minderheitsregierung keine Mehrheit hätte, müsse laut Vogt umgehend die Vertrauensfrage gestellt werden: «Es wäre absurd, damit bis Mitte Januar zu warten.» Deutschland und Europa bräuchten schnell Klarheit und neue politische Mehrheiten.
Murmann sieht Chance in Neuanfang
Ein weiteres Warten mit der Vertrauensfrage wird nach Angaben des Chefs der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, Philipp Murmann der aktuellen politischen Verhältnisse nicht gerecht. «So bitter es erscheinen mag, der Kanzler Olaf Scholz darf jetzt keine politische Insolvenzverschleppung betreiben», erklärte er.
Stattdessen müsse «unverzüglich» die Vertrauensfrage gestellt werden. «In einem Neuanfang erwächst auch die Chance, den Wirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfest zu gestalten, sich als Motor in Europa zu entwickeln und um auch mit der neuen US Trump Administration den Schulterschluss zu suchen, damit es zu keiner Strafzollspirale kommt», so Murmann.
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