Hamburg (dpa/lno) –
Mit einem Messerverbot in allen Bussen, Bahnen und Bahnhöfen will Hamburg die Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr verbessern. Eine Verordnung des Senats dazu ist jetzt in Kraft getreten. Innensenator Andy Grote (SPD) und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) enthüllten ein erstes Hinweisschild am Alsteranleger am Jungfernstieg. Demnach dürfen Messer und Stichwaffen nicht mitgenommen werden. Schusswaffen sind ohnehin verboten. Der Senatsbeschluss gemäß dem Sicherheitspaket der Bundesregierung sei die Folge schwerer Straftaten wie die von Mannheim, Solingen oder Brokstedt, sagte Grote.
In Mannheim hatte am vergangenen 31. Mai ein junger Afghane fünf Teilnehmer einer islamkritischen Kundgebung sowie einen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Beamte starb. Bei dem Anschlag in Solingen hatte ein Angreifer am Abend des 23. August auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. In Brokstedt bei Neumünster hatte im Januar vergangenen Jahres ein staatenloser Palästinenser zwei Menschen erstochen und vier weitere schwer verletzt. In Hamburg war die Zahl der Messerdelikte im vergangenen Jahr um 3,6 Prozent auf 1.127 gestiegen, wie aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht.
Bußgelder zwischen 150 und 10.000 Euro
Hamburg ist nach Angaben von Grote das erste Bundesland, das von der neuen Regelung im Waffengesetz Gebrauch macht. In der Hansestadt können Fahrgäste jetzt anlasslos kontrolliert werden. Lehnen Personen eine Kontrolle durch Mitarbeiter der Hochbahnwache oder der DB-Sicherheit ab, können diese die Polizei rufen. Wer mit einem verbotenen Gegenstand erwischt wird, dem droht ein Bußgeld von 150 bis 10.000 Euro. Außerdem wird der Gegenstand eingezogen. Verboten sind neben Schusswaffen und Messern auch Hieb-, Stoß- und Stichwaffen sowie nicht zugelassene Reizstoffsprühgeräte. Amtlich zugelassene Reizstoffsprays, die auch viele Frauen zur Selbstverteidigung haben, sind dagegen erlaubt.
Ausnahmen für Handwerker, Köche und Pfadfinder
Grote versicherte, dass niemand behelligt werde, der aus berechtigten Gründen ein Messer dabeihabe. Das gelte etwa für Handwerker, Mitarbeiter der Gastronomie oder Menschen, die gerade in einem Geschäft ein Messer gekauft und dieses verpackt in der Tasche haben. Auch Pfadfindergruppen sind von dem Messerverbot ausgenommen. «Im ÖPNV, im Regionalverkehr, treffen viele Menschen, die sich nicht kennen, auf engem Raum aufeinander, und wir sind darauf angewiesen, dass sich dort alle auch sicher fühlen», sagte Grote.
Nach Angaben von Tjarks nutzen jährlich rund eine Milliarde Menschen den Hamburger Nahverkehr. Es könnten noch mehr sein, doch laut Umfrage sagten viele, dass sie sich in Bussen und Bahnen nicht wohl oder nicht sicher fühlten. «Das ist auch eine Einschränkung der Bürgerrechte», sagte der Grünen-Politiker. Für Menschen ohne Auto gehöre der öffentliche Nahverkehr zur Daseinsvorsorge.
500 gefährliche Gegenstände bei Dom-Besuchern gefunden
In Hamburg gilt bereits seit 2007 ein Waffenverbot zu bestimmten Zeiten rund um die Reeperbahn und auf dem Hansaplatz im Stadtteil St. Georg. Seit dem 1. Oktober 2023 sind Messer und andere gefährliche Gegenstände auch im Bereich des Hauptbahnhofs verboten. Nach der Verabschiedung des Sicherheitspakets der Bundesregierung untersagte der Senat auch Messer auf dem Winterdom und auf Weihnachtsmärkten.
Bei den Einlasskontrollen zum Winterdom, der einen Monat lang auf dem Heiligengeistfeld stattfand, seien mehr als 500 gefährliche Gegenstände bei Kontrollen sichergestellt worden, darunter 170 Messer, sagte Grote. Am Hauptbahnhof wurden seit Einführung des Verbots knapp 500 Messer und mehr als 200 sonstige gefährliche Gegenstände aus dem Verkehr gezogen.
Grote hofft auf längeres Waffenverbot in S-Bahnen
Zusätzlich zu den dauerhaften Waffenverbotszonen hatte die Bundespolizei Ende November in einer Allgemeinverfügung ein bis zum 1. Januar 12.00 Uhr befristetes Waffenverbot für den Hauptbahnhof und die Bahnhöfe Altona, Dammtor, Harburg und Bergedorf sowie in allen S-Bahnen erlassen. Grote wirbt nach eigenen Worten beim Bundesinnenministerium für eine Verlängerung der Verfügung.
Das Verbot gilt nicht an jeder Hamburger Bushaltestelle, wie Grote klarstellte. Tjarks betonte jedoch, dass auch an den großen Busbahnhöfen wie in Bergedorf, Billstedt oder Wandsbek-Markt Messer nicht mitgeführt werden dürfen. Künftig soll es Schwerpunkteinsätze der Polizei an besonders stark frequentierten Verkehrsknoten geben. Knapp 700 Sicherheitsmitarbeiter sind im Bereich des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) im Einsatz. Der HVV-Bereich umfasst auch das Hamburger Umland.
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