Les Sables-d’Olonne (dpa/lno) –
Ein Rennen, zwei Welten: Als Charlie Dalin seinen Vendée-Globe-Triumph am Dienstagmorgen in Rekordzeit vollendet hatte, lagen vor Boris Herrmann noch mehr als 3000 Seemeilen bis ins Ziel in Les Sables-d’Olonne. Während Dalin in klirrender Kälte von Siegerfeuer und Fanjubel erwärmt wurde, hatte Herrmann gerade den Äquator passiert.
Herrmann musste aus der Ferne miterleben, wie die wichtigste Soloregatta des Segelsports weiter in französischer Hand bleibt. Der 40-jährige Dalin ist in 64 Tagen, 19 Stunden, 22 Minuten und 49 Sekunden um die Welt gestürmt. Er unterbot die acht Jahre alte Bestmarke von Armel Le Cléac’h um 9 Tage, 8 Stunden, 12 Minuten und 57 Sekunden.
Lob und Anerkennung für den Sieger
Nach dem Sieg sagte der Normanne: «Ich bin heute der glücklichste Mann der Welt.» Dalin war schon 2021 als Erster ins Ziel gekommen. Damals aber wurde er noch von Yannick Bestaven überflügelt, der sich mit einer Zeitgutschrift für eine Rettungsmission an Dalin vorbeischob.
Diesmal gratulierte Bestaven seinem Konkurrenten: «Ich habe es dir vor vier Jahren gesagt, jetzt ist es wahr geworden. Herzlichen Glückwunsch an dich und dein Team, das ist so verdient.»
Auch Herrmann verneigte sich: «Das ist fantastisch für Charlie. Er hat ein perfektes Rennen gesegelt, Risiken genommen und absolut keine Fehler gemacht.» Als Konkurrent mache es ihn «ein bisschen traurig, so weit hinter dem Sieger zu liegen», sagte Herrmann. «Ich versuche, nicht zu viel darüber nachzudenken.»
Kleine Fehler und Pech warfen Herrmann zurück
Für Herrmann war nach ein paar kleinen Fehltritten zum Auftakt in Kombination mit Wetterpech aus einem kleinen Rückstand ein riesiger geworden. Die Spitzenreiter hatten im Südatlantik beflügelnde Winde erreicht und zogen in auch später häufig besseren Wetterfenstern auf und davon.
«Es gab einen riesigen meteorologischen Split bei dieser Vendée Globe. Das schmälert nicht die Leistung der vorderen Leute. Aber es ist nicht so, dass sie die ganze Zeit schneller segeln und wir hier irgendwie rumdaddeln und langsam sind», sagte Herrmann. Ihn hatten zuletzt auch technische Rückschläge und ein naher Blitzeinschlag mit viel Elektronikbruch Meilen gekostet.
Herrmanns Ankunft erst in ein paar Tagen
Herrmann wird das Ziel voraussichtlich zwischen dem 24. und 26. Januar erreichen. Deutschlands bekanntester Segler kämpfte an Renntag 66 als Zehnter um die bestmögliche Top-Ten-Platzierung. «Ich hoffe auf eine gute Nordhemisphäre ohne allzu viel Stress. Dafür habe ich Neptun und Rasmus eine doppelte Portion sehr guten Rum gegönnt», sagte Herrmann am Äquator.
Seine Gesamtleistung schätzt er im Vergleich zu Platz fünf bei der Premiere jetzt höher ein: «Das Feld ist sehr viel stärker. Ich bin mental viel besser drauf, habe keine Probleme mit Einsamkeit, weniger Probleme mit Stress, war schon zweimal im Mast und hatte zuletzt keine Höhenangst mehr.» Insofern, so Herrmann, fühle sich das Erreichte «fast wie ein größerer Erfolg» an.
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