Hamburg (dpa/lno) –
Landeswahlleiter Oliver Rudolf hat vor dem Verfassungsausschuss der Bürgerschaft auf die rechtlichen Risiken einer Zusammenlegung von Bürgerschafts- und Bundestagswahl am 23. Februar hingewiesen. Ein Vorziehen der auf den 2. März terminierten Bürgerschaftswahl – wie von CDU, Linken und FDP gefordert – setze eine Änderung des Bürgerschaftswahlgesetzes voraus, mit der darin enthaltene Fristen für das laufende Wahlmeldeverfahren rückwirkend geändert werden müssten. Diese «Fristenproblematik» biete Anfechtungsgründe, über deren Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Wahl gegebenenfalls das Verfassungsgericht entscheiden müsse, sagte er.
Landeswahlleiter mahnt schnelle Entscheidung über Wahltermin an
Ob man diese Risiken mit Blick auf die Vorteile eines gemeinsamen Termins für Bürgerschafts- und Bundestagswahl tragen wolle, müssten der Senat und letztlich die Bürgerschaft entscheiden, sagte er. Zugleich mahnte er eine rasche Entscheidung an, da mit jedem Tag Unklarheit die Herausforderungen für das Durchführen einer fehlerfreien Wahl größer würden.
Keine Anzeichen für Mehrheit für Zusammenlegung der Wahlen
Während die Ausschussmitglieder aus den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in der Sitzung vor allem Bedenken gegen die Zusammenlegung der Wahlen betonten, verwiesen die Vertreter von CDU und Linken auf die Vorteile: organisatorische Probleme könnten so vermieden und Kosten gespart werden. Zudem sei bei zwei Wahlgängen binnen acht Tagen für die Bürgerschaftswahl mit einer geringeren Wahlbeteiligung zu rechnen.
Der Landeswahlleiter habe dargestellt, «dass nach wie vor ein Rechtsrisiko besteht», sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf nach der Sitzung. Zudem sei klargeworden, dass bei einem gemeinsamen Wahltermin das Erststimmenergebnis der Bürgerschaftswahl nicht schon am Wahlabend, sondern erst am Montag feststehen würde, da zunächst die Bundestagswahl ausgezählt werden müsse.
«Ich habe bei aller Sympathie für eine pragmatische Zusammenlegung auch sehr viel Konjunktiv gehört, was mich skeptisch werden lässt», sagte Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen. Seine Fraktionskollegin Lena Zagst meinte: «Wenn man auch nur einen Funken an Rechtsunsicherheit hat, dann sollte man von dem Gedanken einer Verlegung Abstand nehmen.»
CDU und Linke weiter für einen gemeinsamen Wahltermin
Er halte die von Rudolf dargestellten Risiken nicht für «unüberwindbar», sagte Dennis Gladiator von der CDU. «Das heute gerechtfertigt werden sollte, was der Bürgermeister schon verkündet hat, diesen Eindruck konnte man tatsächlich haben.» Die CDU befürworte weiter eine Zusammenlegung der Wahltermine. «Wenn die Wahlen zusammengelegt werden sollen, wären wir bereit, das überfraktionell zu machen – aber die Wahrscheinlichkeit ist gering», sagte er mit Blick auf die ablehnende Haltung von Rot-Grün.
Die Linken-Abgeordnete Carola Ensslen sagte, auch sie habe aus den Ausführungen des Landeswahlleiters nicht herausgehört, dass eine Zusammenlegung völlig unmöglich sei. «Mir kam es schon so vor, dass hier die Risiken ein bisschen sehr betont wurden.» Die Darstellung des Landeswahlleiters hätten sie zwar nachdenklicher gemacht, für sie würden die Vorteile eines gemeinsamen Wahltermins aber überwiegen – vor allem in puncto Wahlbeteiligung.
Die AfD sieht eine Zusammenlegung wegen der Risiken hingegen kritisch. Die überwiegenden Vorteile seien für die AfD-Fraktion nicht erkennbar, sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Krzysztof Walczak. «Deshalb ist die Tendenz bei uns die, alles so zu lassen wie es ist.»
Senat müsste Initiative für Wahlverlegung ergreifen
Die Ausschussmitglieder wollten die Ergebnisse der Sitzung in den kommenden Tagen zunächst in ihren Fraktionen beraten. Die Initiative für ein Vorziehen der Bürgerschaftswahl müsste der Senat ergreifen. Nach zunächst ablehnender Haltung hatte er sich nach seiner letzten Sitzung am Dienstag offen für eine Debatte darüber gezeigt und auf die Sitzung des Verfassungsausschusses verwiesen.
Rudolf verwies auch darauf, dass der ins Auge gefasste Termin für die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Dezember noch gar nicht feststehe. Zunächst müsse die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Bruch der Ampelkoalition angekündigte Vertrauensfrage am 16. Dezember vom Bundestag negativ beschieden werden. Dann müsse der Bundespräsident das Parlament auflösen und es müssten Neuwahlen anberaumt werden.
© dpa-infocom, dpa:241121-930-295575/2